SHELTER

Entwicklung eines inklusiv-virealen (analog und digital zugänglichen) Auffang-, Schutz-, Begegnungs- und Beratungsraumes für alle Erwachsenen, die seit ihrer Kindheit sexualisierte Gewalt erlebt haben (SHELTER)

Projektart:   Transdisziplinäres und Verbundprojekt zwischen Hochschule RheinMain und Hochschule  Mannheim

Programm: FH Sozial

Projektvolumen:  950.596 Euro

Projektlaufzeit: Juli 2019 - Juni 2023

Gesamtkoordination und Projektleitung Hochschule Mannheim:  Prof. Dr.in Susanne Lang, Hochschule Mannheim

Projektleitung Hochschule RheinMain Wiesbaden: Prof.in  Dr. in Heidrun Schulze

Projektteam: Prof. Dr. Frank Dopotka; Prof. Dr. Peter Kaiser, Verena Roth (Dipl. Sozialarbeitern/Sozialpädaoggin, Dipl. Sozialtherapeutin), Ann-Kathrin Storck (BA Soziale Arbeit, MA Pädagogik und Management in der Sozialen Arbeit) 

Kooperationspartner: Traumapädagogisches lnstitut Norddeutschland (Tra-i-n) Jugend- und Drogenberatung, Stadt Karlsruhe Tagesbegegnung Lichtblick, Neustadt Wildwasser & FrauenNotruf, Karlsruhe Wildwasser Wiesbaden e.V.

Beschreibung: Im Vorhaben SHELTER (Entwicklung eines inklusiv-virealen […] Auffang-, Schutz-, Begegnungs- und Beratungsraumes […]) wollen die Hochschule Mannheim und die Hochschule RheinMain zusammen mit Erwachsenen, die in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erfahren haben, vireal-digitale Kommunikationsräume entwickeln, die leiblich-räumliche Bewältigungsleistungen in den Mittelpunkt stellen. Vireal bedeutet, dass virtuelle und reale Welten in einer digitalisierten Gesellschaft verbunden und nicht getrennt erlebt werden. Geleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Susanne Lang und Prof. Dr. Heidrun Schulze.

Das transdisziplinäre Verbundforschungsprojekt SHELTER startete zum Wintersemester 2019/20 in eine vierjährige Förderphase (BMBF, FKZ: 13FH522SA7) mit einem Gesamtvolumen von knapp einer Million Euro.    

Sexualisierte Gewalt zu erleben ist eine traumatische (Überlebens-)Erfahrung für die meisten Betroffenen und hat Studien zufolge massive Auswirkungen auf die subjektiv empfundene Lebensqualität. Zusätzlich fehlt es oft an Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen, im privaten ebenso wie im institutionellen Umfeld. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, die Betroffenen in eine Opferrolle zu drängen und sie dadurch der Chance zu berauben, ihre Erlebnisse auf ihre Weise zu verarbeiten. Die Herausforderung im Umgang mit sexualisierter Gewalt liegt also darin, das erfahrene Leid der Betroffenen anzuerkennen und ihnen dennoch die Deutungshoheit über ihre Erfahrungen und ihr Leben zu überlassen. 

Mit dem F+E-Projekt SHELTER sollen konkrete innovative Angebote entwickelt werden, die eine gesellschaftliche Anerkennung des erfahrenen Leides implizieren und den Betroffenen eine digitale und intersektionale Inklusion ermöglichen. 

Ziele und Vorgehen

Im Projekt SHELTER sollen geschützte Räumlichkeiten entstehen, in denen sich erwachsene Betroffene - unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Herkunft - begegnen können und Unterstützung erhalten, in dem sie Wege der Selbsthilfe gehen und die Deutungshoheit über ihre Geschichte zurückgewinnen können. Die zu entwickelnden Räumlichkeiten beinhalten unter anderem einen lokal aufsuchbaren Raum, darüber hinaus auch virtuelle Kommunikationsräume wie Chats oder Foren sowie eine Kombination aus beidem mittels Virtual-Reality-Technologien. So bieten die virealen Räumlichkeiten den Betroffenen verschiedene Zugänge, unter denen sie diejenigen wählen können, die am besten zu ihren Bedürfnissen passen und die sie am leichtesten erreichen können. Eine solche Forschung und Entwicklung von lebensweltnahen und bedürfnisorientierten Räumlichkeiten erkundet die Wünsche der Nutzerinnen und Nutzer, nimmt deren Wünsche ernst und setzt sie gemeinsam mit den Nutzerinnen und Nutzern im Rahmen partizipativer Forschung um.

Innovation und Perspektiven

Virtuelle Räume und VR-Technologien werden schon in Therapiesettings und Beratung eingesetzt; allerdings sind die Menschen in diesen Räumen allein unterwegs oder werden durch vorgefertigte Skripte angeleitet. SHELTER verfolgt hingegen einen Ansatz, der die Nutzerinnen und Nutzer eigenständig Handlungsstrategien erproben lässt und bei dem die soziale Interaktion mit Anderen der oft erlebten Ausgrenzung und Isolation der von Gewalt Betroffenen entgegensteht.

Mit der Metamethode „Design Thinking“ werden im Rahmen multiperspektivisch-partizipativer Forschung die Bedarfe der Betroffenen erhoben. Die Ergebnisse werden gemeinsam mit den Wissenschaft-Praxis-Kooperationen in intensiver Zusammenarbeit transferiert und disseminiert. Von der Bedürfniserhebung, über die Entwicklungsphasen hin zur Implementierung, sollen insbesondere die Fachberatungsstellen von dem wissenschaftlich entwickelten, digital-inklusiven intersektionalen Institutionenkonzept profitieren

Das Projekt zielt auf einen im Bereich Sexueller Gewalt wichtigen gesellschaftspolitische und menschenrechtspolitischen Aspekt: die Rückgewinnung der Deutungshoheit der Nutzerinnen und Nutzer über ihr eigenes Leben und die Sichtbarmachung mit sexualisierter Gewalt in zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Strukturen wie Kontexten.   Dies soll zur öffentlichen Bewusstseinsbildung beitragen und einen gesellschaftlichen Wandel in Wahrnehmung und Umgang mit Menschen fördern, die sexualisierte Gewalt erfahren haben.

Hochschulenübergreifendes und transdisziplinäres Forschungsteam

Verbundpartnerinnen im Projekt SHELTER sind die Hochschule Mannheim und die Hochschule RheinMain Wiesbaden. Die im Projekt involvierten Fachdisziplinen an der Hochschule Mannheim sind die Soziale Arbeit, repräsentiert durch Prof.in Dr.in. Susanne Lang, die Informatik, vertreten durch die internen Projektpartner Prof. Dr. Peter Kaiser und Prof. Dr. Frank Dopatkasowie die Architektur, vertreten durch Prof. Dr. Martin Kim in beratender Funktion. An der Hochschule RheinMain Wiesbaden vertritt die dortige Projektleiterin Prof.in Dr.in Heidrun Schulze das Fachgebiet der Sozialen Arbeit sowie den von ihr im deutschsprachigen Raum weiter entwickelten Beratungsansatz der Narrativen Praxis/Narrative Therapy. Mit der Förderung von drei transdisziplinären Qualifikationsstellen, davon zwei an der Hochschule Mannheim und einer an der Hochschule RheinMain Wiesbaden, sind mit dem Projekt SHELTER kooperative Promotionen am hochschulübergreifenden Promotionszentrum für Soziale Arbeit der HAW‘en in Hessen an der Hochschule RheinMain Wiesbaden verbunden.